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MachtFrage 233
Wollen wir, daß Menschen für uns
"mental zerlegt" und vorgeführt werden?
Von den Medien?
Fakt:
Als die Weltrekord-Schwimmerin Franziska
van Almsieck 2004 nach
ihrem persönlich wichtigsten olympischen
Wettkampf - 200-Meter-Freistil - ohne
angestrebte Medaille "nur als
Vierte" aus dem Schwimmbecken gestiegen
war, stellte sich ihr schon am Beckenrand
nach weniger als drei Schritten ein Reporter
vor laufender
"öffentlich-rechtlicher" TV-Kamera
mit einem Mikrofon und der Frage in den Weg:
"Wie fühlen Sie sich jetzt? Ist das
jetzt das Ende Ihrer Sport-Karriere? Wer war
schuld daran?"
Die Großaufnahme zeigte uns eine sonst sehr
mediengewandte Sportlerin, die noch mit einem
Puls von 180 und keuchendem Atem rang und
trotz hochtrainierter Schlagfertigkeit von
diesen Fragen überfordert schien. |
Advocatus.Diaboli.info fragt:
Wie sollte sie sich fühlen? Wieso
Karriere-Ende? Warum muß jemand "schuld
sein"?
Wer wollte so etwas sehen? Sie oder ich? Andere
Sportler? Oder andere Reporter, die solches Interview
nicht "gekriegt" hatten?
Welchen Wert hatte diese "höchstaktuelle
Life-Übertragung"?
Hat derartiger Gefühls-Striptease überhaupt einen
Nachrichten-Wert? Sollten damit andere Sportler
ermuntert oder abgeschreckt werden?
Können wir von so gut bezahlten Journalisten nicht
verlangen, daß sie sich für Top-Interviews mehr
kontruktive statt destruktiver Fragen einfallen
lassen? Können die das nicht - oder wollen die das
nicht?
Bringt derartige Gefühls-Vergewaltigung der Jouralie
mehr Kasse oder den Pulitzerpreis näher?
Was treibt Sportler/innen dazu derartig
herabwürdigende Auftritte mitzumachen? Angst vor
gnadenloser Medienmacht? Oder Striptease für Geld?
"Darf Advocatus Diaboli solche Fragen stellen? Hätte nicht
jeder die Macht dazu?"